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Jedes Jahr freue ich mich über meine wunderschöne Stockrose vor der Haustüre.
Sie ist für mich wie ein kleiner Sommergruß, der mich schon beim Heimkommen anlacht. Hochgewachsen, kräftig, mit Blüten, die aussehen wie aus einem alten Bauerngarten-Gemälde.
Jetzt, im Herbst, ist die Blütenpracht natürlich vorbei. Die kräftigen Farben sind verblasst, die Blätter trocken. Und trotzdem schneide ich sie nicht sofort ab.
Denn bevor sie in die Ruhepause geht, schenkt sie mir noch etwas ganz Besonderes. Ihr Saatgut.

Wenn die Blüten welken, beginnt das Sammeln.

Viele denken, eine verblühte Stockrose wäre einfach „fertig“.
Aber in Wahrheit arbeitet sie noch, ganz still und geduldig.
In den trockenen Kapseln, die früher Blüten waren, reift das neue Leben. Kleine, runde Samenkörner, jedes mit dem Versprechen auf eine neue Blüte im nächsten Jahr.
Bevor ich die Pflanze also abschneide, gehe ich mit einem kleinen Glas nach draußen und beginne, die Samen zu ernten.

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Ob das Saatgut reif ist, sieht man auf den ersten Blick.
Die Kapseln verfärben sich braun, werden trocken und öffnen sich leicht. Fast wie ein kleiner Stern.
Dann kann man die Körner ganz einfach herauspulen. Wenn sie von selbst herausfallen, sind sie genau richtig.

Sind sie dagegen noch weich oder hellgrün, lasst sie lieber noch ein bisschen an der Pflanze. Die Sonne und der Wind erledigen den Rest.

Ich finde, das hat etwas unglaublich Schönes: dieser Moment, wenn die Natur einem ihre Schätze fast wie nebenbei überreicht.

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Sind die Körner gesammelt, bewahre ich sie in einem kleinen Glas auf. Trocken und dunkel, bis zum nächsten Frühling.
Ich beschrifte das Glas mit „Stockrose – Jahr“ und wenn ich es dann im Regal sehe, bekomme ich ein bisschen Vorfreude auf den nächsten Sommer.

Denn das Beste daran: Ich muss keine neuen Samen kaufen.
Ich weiß, genau diese Pflanze hat schon einmal vor meiner Haustür geblüht und bald wird ihre Nachfolgerin dort stehen.

Für eine Direktsaat ins Beet ist die beste Zeit in den Spätsommermonaten Juli bis September, also nach der Blüte anderer Stauden.
Die Pflanzen bilden dann im Herbst eine kräftige Blattrosette, überwintern so und blühen im nächsten Sommer.
Ihr könnt sie auch noch bis Anfang Oktober säen, wenn der Boden noch warm ist.

Ab März/April könnt ihr Stockrosen im Haus oder Frühbeet vorziehen
Dann könnt ihr die Jungpflanzen ab Mai nach den Eisheiligen ins Freie setzen.
Das lohnt sich besonders, wenn ihr Schneckenprobleme habt. Die lieben nämlich junge Stockrosenblätter!

Stockrosen sind zweijährig. Im ersten Jahr bilden sie nur Blätter, im zweiten Jahr blühen sie und streuen dann meist von selbst Samen aus. Wenn ihr sie einmal im Garten habt, kommen oft jedes Jahr neue Pflanzen nach.

Sie lieben sonnige Standorte, durchlässige Erde und ein bisschen Wind um die Blätter.

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Ich finde Stockrosen faszinierend.
Sie sind wunderschön, stark und doch so einfach.
Sie stehen da, hoch und stolz, trotzen Wind und Regen und wenn ihre Zeit gekommen ist, schenken sie uns neues Leben in Form dieser winzigen Körner.

Das ist fast poetisch.
Ein kleiner Kreislauf aus Werden, Blühen, Vergehen und Wiederkommen.

Wenn ihr also im Herbst an eurer verblühten Stockrose vorbeigeht, schaut genau hin.
Vielleicht steckt in ihr schon der Sommer des nächsten Jahres.

Ein bisschen Geduld, ein Glas und ein liebevoller Blick. Mehr braucht es nicht, um diesen Zauber festzuhalten.

Denn im Garten ist nichts wirklich vorbei.
Es wartet nur auf den richtigen Augenblick.

Eure Kristina